Der Verdon auf den Grund gegangen

Nur in die Verdon-Schlucht zu schauen war natürlich nicht der Anlass unseres Frankreich-Urlaubs. Ursprünglich waren wir nach Südfrankreich gefahren, weil wir in der Wikipedia auf eine kurze Beschreibung eines langen Wanderweges durch die Schlucht gestoßen waren. Der Wanderweg ist nach dem Höhlenforscher Édouard Alfred Martel benannt, der die Verdon-Schlucht 1905 ausgiebig erkundete sowie seit 2005 auch nach Isidore Blanc, der auch etwas mit dieser Expedition zu tun hatte [ref]Mein Französisch ist für die Details leider nicht gut genug…[/ref]. Mittlerweile ist der Weg sehr gut erschlossen und auch für normale Wanderer geeignet.

Wegweiser vom Chalet de la Maline zum Abstieg in die Verdon-Schlucht
Wegweiser vom Chalet de la Maline zum Abstieg in die Verdon-Schlucht

Etwas eingeschüchtert von der Tatsache, dass man über sechs Stunden reine Wanderzeit vor sich hat und über die 15 km Länge kein anderer Weg aus der Schlucht existiert, verschoben wir wegen der schlechten Wettervorhersage die Wanderung zunächst um einen Tag. Nachdem es am Vortag tatsächlich kurz gewittert hatte, brachen wir dann am 7.9.2018 früh morgens zu der Tour auf. Da es sich nicht um einen Rundweg handelt, fuhren wir bei starkem Nebel über kurvige Straßen eng an Felsen entlang mit dem Auto zum Endpunkt am Point Sublime, den wir schon von unserem Campingplatz aus in der Ferne gesehen hatten. Von dort aus fuhren wir dann mit zahlreichen anderen Wanderern mit einem Bus[ref]Wir hatten uns vorher in der Touristen-Info in La Palud informiert, ob noch ein Bus fährt.[/ref] die selbe Strecke wieder zurück. Der Bus passte sehr genau durch die schmale Ortsdurchfahrt von La Palud und fuhr dann weiter entlang der Schlucht zum Chalet de la Maline, einer Herberge der französischen Bergsteigerverbände, wo er sehr knapp am Abgrund wendete und uns absetzte.

Die Verdon und ein Felsen am Rande.
Die Verdon und ein Felsen am Rande.

Von dort aus steigt man dann zunächst an einer etwas breiteren Stelle der Schlucht über Serpentinen mehrere hundert Meter abwärts und kann dann auch bald über Trampelpfade vom Hauptweg abweichend das Flussufer erreichen. Auf der gegenüberliegenden Seite ragen direkt etwa 15 m Felswand mit bizarren Aushöhlungen empor. Darüber schließt sich ein steiler bewaldeter Abhang an, über dem dann an vielen Stellen noch über 100 m senkrechte Felsen stehen. Der Wanderweg verläuft dabei häufig ein ganzes Stück oberhalb der Verdon in dem waldigen Teil, sodass das Wandern auf dem Südhang meist recht angenehm war.

In der Verdon-Schlucht.
In der Verdon-Schlucht.

Zunächst folgt der Weg der Schlucht stromaufwärts nach Osten bis diese einen scharfen Knick nach Norden macht. Dort kann man vom Hauptweg abweichen und zu La Mescla gehen, wo ein anderer Fluss in die Verdon fließt. Wir haben uns diesen Abstecher gespart und sind stattdessen dem eigentlichen Weg gefolgt, der die Schleife des Flusses abkürzt. Dazu führt er etwas höher auf die Seitenwand der Schlucht hinauf. Hier ist auf den Karten ein sehr sehr steiler Anstieg eingezeichnet, der dann noch steiler wieder abwärts führt. In der Realität geht es relativ harmlos bergauf, bis man anschließend etliche Treppen im Fels erklimmen muss. Auf der anderen Seite befindet sich eine schmale Felsspalte, die Brèche Imbert, die mit über 250 steilen und schmalen Metallstufen ausgefüllt ist. Vor dem Abstieg hat man einen sehr schönen und direkten Blick auf die Verdon tief unter der Spalte.

Danach führt der Weg noch lange gemächlich steigend weiter in nördliche Richtung die Schlucht entlang. Zwischendurch hat man noch einmal die Gelegenheit ans Flussufer zu gelangen. Außerdem gibt es zur Abwechslung auch noch ein (mittlerweile mit einem Weg befestigtes) Schotterfeld und einen Abschnitt direkt unterhalb einer großen Felswand. Gegen Ende der Wanderung durchquert der Weg dann noch zwei Tunnel, die ursprünglich zur Umleitung des Flusses zur Energiegewinnung gedacht waren. Dieses Projekt wurde aber nach dem 2. Weltkrieg wieder aufgegeben. Der längste Tunnel ist über 670 m lang, unbeleuchtet und recht glitschig, sodass man dafür auf jeden Fall Taschenlampen dabei haben sollte. Sehr interessant ist vor allem, dass man durch den Tunnel eine Höhle direkt über der Verdon erreichen kann, aus der man einen leicht surrealen Ausblick auf die umgebenden Felsen und den Fluss hat (Hintergrundbild).

Die Verdon am Couloir Samson. Rechts ist die Treppe zu erkennen, die zu einem Tunneleingang führt.
Die Verdon am Couloir Samson. Rechts ist die Treppe zu erkennen, die zu einem Tunneleingang führt.

Anschließend erreicht der Weg den Couloir Samson unterhalb des Point Sublime, wo in unmittelbarer Nähe zur Verdon ein Parkplatz existiert, der von zahlreichen Besuchern frequentiert wird, die sich die tolle Wanderung haben entgehen lassen. Von diesem Parkplatz folgt noch ein relativ steiler Anstieg zurück zum Point Sublime, wo wir dann pünktlich zum Sonnenuntergang wieder bei unserem Auto eintrafen. Insgesamt waren wir 9,5 Stunden unterwegs, haben dabei aber auch drei längere und viele kürzere Pausen gemacht[ref]Ja, viele davon weil ich Fotos machen wollte.[/ref]. Der Weg ist wirklich schön und abwechslungsreich. Wir hatten uns anhand des Höhenprofils auf eine deutlich anstrengendere Wanderung eingestellt, als sie dann tatsächlich war. Sie ist keinesfalls vergleichbar mit einer Fuji-Besteigung, sondern eher mit einer längeren Tour durch das Elb-Sandstein-Gebirge, wo es noch deutlich steilere Anstiege über Leitern und Treppen gibt.

Blick auf die Verdon-Schlucht zurück am Point Sublime am Ende unserer Wanderung
Blick auf die Verdon-Schlucht zurück am Point Sublime am Ende unserer Wanderung

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